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UWE SCHOLZ BRINGT IN LEIPZIG STRAWINSKYS
"SACRE" IN ZWEI VERSIONEN HERAUS
___ Der Direktor und Chefchoreograf des Leipziger Balletts, Uwe Scholz, hat seit 1991 seine Company kontinuierlich und leistungsstark entwickelt. Er ist weniger ein wilder Erneuerer, dafür aber einer, der sich, obwohl er das Wagnis eher scheut, vorsichtig dazu durchringt. Am Sonnabend bringt er zwei Versionen von Igor Strawinskys "Le Sacre du Printemps" zur Premiere. ___
___ INTERVIEW: GABRIELE GORGAS ___
___ Zweimal
"Sacre" an einem Abend, das klingt kraftraubend. ___
___ Ich
habe mir das eigentlich auch einfacher vorgestellt. Und bin so unmittelbar
vor der Premiere etwas erschlagen. Dass ich die sinfonische Version
des Werkes einmal machen würde, das war mir klar. Ich habe es nur
immer vor mir hergeschoben, als eine Art Schatz. Mich irgendwie davor
gedrückt. Da war eine gewisse Angst vor diesem Giganten. Vor einigen
Jahren hörte ich dann die Fassung für zwei Klaviere. Seitdem
interessiert mich, das Stück in beiden Versionen aufzuführen.
Gewissermaßen einen Mikro- und Makrokosmos zu bilden. Dass es
dann tatsächlich so schwierig sein wird, finde ich jetzt heraus.
___
___ Musikalisch
schwierig oder szenisch? ___
___ Beides.
Musikalisch ist das doch mit den beiden Klavieren eine ganz andere Welt.
Und szenisch ist die Geschichte mit nur einer Person auf der Bühne
erzählt, Giovanni di Palma, hingegen in der Orchesterversion mit
56 Tänzern. Der erste Teil des Abends wird möglicherweise
auf Unverständnis stoßen. Das Ganze ist etwas surrealistisch.
Die Orchesterversion setzt sich dann mehr mit der Struktur der Musik
auseinander. ___
___ Was
fordert diese Musik? ___
___ In
erster Linie saugt sie mir die ganze Kraft aus. "Sacre" zweimal
zu machen, das raubt einem den Atem. Wie überhaupt, diesem Titan
entgegen zu treten. Das gehört zu dem Kraftvollsten, was im vergangenen
Jahrhundert entstanden ist. ___
___ Eine
seelische Zerreißprobe? ___
___ Einige
haben bei den Proben für das Solo autobiografische Züge von
mir entdecken wollen. Es steht jedem frei, zu sehen, was er will. Man
könnte das Werk irgendwie auch politisch benutzen, aber dafür
ist mir diese Musik zu heilig. ___
___ Warum
zeichnen Sie wieder für alles verantwortlich? ___
___ Ich
würde das nicht machen bei solchen Inszenierungen wie "Dornröschen"
oder "Schwanensee" mit großen Ausstattungen. Dafür
bin ich nicht ausgebildet. Aber bei Stücken wie "Sacre"
habe ich klare Vorstellungen, wie es aussehen soll, und das möchte
ich dann auch ganzheitlich entwerfen. ___
___ Die
Ballettschule ist bei "Sacre" auch wieder dabei. Man spricht
von Schließungsabsichten? ___
___ Allein
bei dieser Produktion sind 16 Tänzer von der Ballettschule einbezogen.
Überhaupt wäre ohne die Schule an der Oper Leipzig vieles
undenkbar. Es wurde uns angedroht, sie 2005/2006 zu schließen,
falls sich keine Partner finden, die sie finanziell unterstützen
können. Im Moment ist alles noch in der Schwebe. Die ersten Gespräche
mit dem Kulturdezernenten Dr. Giradet ließen anklingen, dass es
eine Lösung geben könnte. ___
___ Die
Oper Leipzig ist mit dem Intendantenwechsel konventioneller geworden.
Hat das Ballett nun die Vorreiterrolle? ___
___ Das
behaupten einige. Es wäre natürlich gut für mich und
die Company. Mit dem neuen Intendanten komme ich sehr gut aus. Er versteht
viel vom Ballett und lässt mir alle Freiheiten. ___
___ Sie
sagten einst, Ihre Company wäre noch nicht so weit, um mit anderen
Choreografen arbeiten zu können. ___
___ Choreografische
Uraufführungen kann ich mir jetzt durchaus vorstellen. Es gibt
aber noch keine konkreten Vorhaben. Nach ziemlichen Tiefs, auch für
mich persönlich, wo sich gesundheitlich, künstlerisch vieles
zuspitzte, arbeiten wir derzeit in einer guten Atmosphäre, gerade
jetzt bei "Sacre". ___
___ Was
haben Sie sich noch alles vorgenommen? ___
___ Mit
den Premieren 2003 sind wir reichlich gefordert, gastieren unter anderem
in Dänemark, Polen, Japan. Ich werde auch wieder in Dresden arbeiten.
Wir bringen im Herbst einen Abend in der Semperoper mit Schumann und
Rachmaninoff heraus, zudem entsteht eine neue Choreografie für
Ballettchef Vladimir Derevianko. ___
http://www.sz-online.de/ SÄCHSISCHE ZEITUNG, 21. Februar 2003
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